Erfahrungsbericht zur Pinion Getriebeschaltung P1.18 mit Riemenantrieb CDX am toutterrain Silkroad
Der hier veröffentlichte Erfahrungsbericht entsteht während einer einjährigen Fahrradreise durch die südamerikanischen Anden. Er handelt von meinen subjektiven Erfahrungen.
Die Vorüberlegungen und Kaufargumente für mich
Das geschlossene Getriebe der Pinionschaltung weckte bei mir schon beim ersten Hingucken grosses Interesse. Endlich ein (Teil-) Antrieb welcher vor Schmutz und Wasser geschützt ist. Kein Schräglauf der Kette weil ja die ganzen Schalt- und Übersetzungsvorgänge im Stirnradgetriebe ablaufen. Das Getriebe ist beim Tretlager positioniert und nicht in der eh schon überlasteten Hinterradnabe (wie beispielsweise bei Rohloff-Nabenschaltungen). Für mich waren das schlagende Argumente um bei der Wahl eines neuen Tourenvelos auf eine Pinionschaltung zu setzen. Die Kombination von stabilem Fahrrad, kleverer Lösung für Riemen- oder Kettenspannung und einfach zu öffnender Rahmen für den Riemenwechsel beim Silkroad von toutterrain machte für mich die Wahl des Velos ziemlich einfach. Die Spannung des Riemens oder der Kette wird bei diesem Fahrrad mittels drehbarem Getriebegehäuse eingestellt. Also ähnlich dem Prinzip des exzentrisch gelagerten Trettlagers welches etwa für Fahrräder mit Rohloff Nabenschaltung angewendet wird.
Die Entfaltung des 18-Gang Pinion-Getriebes mit 636% Übersetzungsbereich, die feine Abstufung der 18 echten Gänge (keine Überschneidungen) machen diese Art von Antrieb meines Erachtens perfekt fürs Touren fahren.
Postitive Erfahrungen nach gut 4000 km Reisedistanz mit beladenem Tourenvelo in den Anden
Der grosse Übersetzungsbereich und die feine Abstufung des Antriebs sind für mich ein grosser Pluspunkt. Mit schwerem Fahrrad (so um die 40 – 50 kg) lassen sich so auch lange Anstiege mit einer passenden Trittfrequenz erklettern. Das Fahrverhalten des Velos fühlt sich gut an. Das Getriebegewicht an tiefer, zentraler Stelle am Rahmen ist vorteilhaft. Die Schaltpräzision des Antriebs fühlt sich gut an. Dass beliebig viele Gänge mit einem Dreh am Drehgriff geschaltet werden können, ist praktisch.
Die Reinigung des Antriebs beschränkt sich aufs Waschen des Riemens und der Riemenscheiben. Dafür benötige ich etwas Wasser aus dem Bidon und eine Zahnbürste. Die Reinigung dauert ca. 3 Minuten.
Ein nicht zu vernachlässigender Vorteil ist die Möglichkeit auch bei stehendem Rad zu schalten. Ich werde mich auf jeden Fall zuhause wieder an die Kettenschaltungen bei den Mountainbikes gewöhnen, und wahrscheinlich das vorausschauende Schalten wieder „erlernen“ müssen 😉 .
Negative Erfahrungen nach gut 4000 km Reisedistanz mit beladenem Tourenvelo in den Anden
Die Schaltung mittels Gripshift-Drehgriff funktioniert gut. Ich bin jedoch nicht ein Fan von diesem System und wünschte mir ganz normale Schalthebel. Ob das realisierbar ist mit 18 Gängen, weiss ich nicht. Da ich mit einer Pinion-Schaltung beim Mountainbike liebäugle, habe ich mir hierzu schon öfters Gedanken gemacht. Fürs technische Mountainbike-Fahren sind Drehgriffschaltungen ein Nachteil. Die Einfachheit des Systems spricht jedoch für den Einsatz am Tourenrad.
Die Schaltvorgänge mit der Pinion Getriebeschaltung lassen sich nur unter leichter Last druchführen oder müssen sogar ohne Last durchgeführt werden. Es ist vor allem beim Schalten am Berg in leichtere Gänge sehr gewöhnungsbedürftig, dass die Trettkurbel kurz entlastet werden muss um schalten zu können. Das System der Getriebeschaltung lässt wohl keine andere Lösung zu.
Bei meiner Pinion P1.18 Schaltung kommt es vor, dass die Schaltung springt. Dies äussert sich so, dass ich beim Treten einige Grade einer Umdrehung „durchfalle“ bevor das Getriebe wieder greift. Dies passiert ohne irgendwelche Betätigungen am Schaltgriff meinerseits. Vorkommen tut das nur bei einzelnen Gängen und dort mit oder ohne grössere Belastung. Bisher hält sich diese Macke in Grenzen. Das „Durchfallen“ kommt bei einer Tagesfahrzeit von 5-6 Stunden nur einige Male vor (vielleicht 2-5 Mal). Die Pinion Leute sind über diesen Fehler informiert. Ihre Reaktion darauf ging bisher nur soweit, dass eventuell ein zu zögerliches Schalten oder zu straffe Schaltzüge dafür verantwortlich sein könnten. Den Grund des Schaltverhaltens konnte ich nach einigen Versuchen nicht als Ursache bestimmen und sollte meines Erachtens bei einem solchen Qualitätsprodukt auch keine Rolle spielen. Die Spannung der Schaltzüge war bei meiner Schaltung immer gemäss Handbuch eingestellt und sicherlich nicht zu straff. Solange sich dieses Verhalten nicht häuft, kann ich damit leben. Schöner wäre natürlich eine einwandfreie Funktion des schönen Produkts.
Nachtrag, 8. November 2017: das Springen des Getriebes welches ich oben beschrieben habe, häufte sich auf der Strecke von Cusco nach Puno merklich. Nachdem Pinion diesen Fehler nicht als massgeblich genug für einen Ersatz btrachtete, machte sich Tom vom Veloladen Leuthold mehrfach bei Pinion stark für einen Ersatz des Getriebes und in Puno erhielt ich dann die Meldung von Pinion, dass sie mir ein Ersatzgetriebe senden wollen. Zwischenzeitlich versuchte ich ob allenfalls das Nachfüllen von Getriebeöl eine Wirkung zeigt (gemäss Aussage von Pinion sollte das Getriebe auch im Trockenlauf ohne Probleme funktionieren und ein Nachfüllen von Öl nichts verändern) und siehe da, das Springen nahm ab, wenn es auch nicht ganz verschwand. Das Ersatzgetriebe wartet in Uyuni auf mich und ich freue mich auf den Austausch.
Tipps aus meinen Erfahrungen
Ich prüfe die Riemenspannung mit der Smart Phone App von „Gates Carbon Drives“. Mittels Smart Phone Mikrofon misst diese App die Frequenz wenn der Riemen gezupft wird. Je höher die gemessene Frequenz, desto höher die Riemenspannung (Prinzip des Gitarren Stimmgeräts). Da meines Erachtens die Belastung des Antriebs gross ist wenn er an einem schwer beladenen Tourenvelo verwendet wird, stelle ich eine relativ hohe Riemenspannung ein (60-65 Hz ist die gemessene Frequenz, Angaben können der App oder dem Manual zum Riemen entnommen werden).
Wenn der Riemen nach ein paar Stunden Fahrt etwas mit Staub bedeckt ist, quietscht der Antrieb unangenehm. Dies stört vor allem psychologisch. Ich habe mir unterwegs einen Silikonspray gekauft wie er für Türgummis bei Autos verwendet wird (gibts in Südamerika an jeder Hausecke und in allen Geschmacksrichtungen zu kaufen. Ich nutze mit Erfolg die Geschmacksrichtung Erdbeer). Damit „salbe“ ich den Riemen jeweils nach dem Putzen ein wenig. Seither hat sich das Quietschen verabschiedet. ->Danke für diesen Tipp von Aschi Leuthold, Veloladen Leuthold, Zollikofen