Das Hostal Revolution in Quito sollte uns einige Tage beherbergen. Wir genossen die Gastfreundschaft von Sandra, der Besitzerin sehr. Die grosse Küche mit !Backofen!, die Terrasse auf dem Dach und das gemütliche Zimmer sowie die Happy-Hour mit Brahma-Bier hatte es uns angetan.
Am Samstag, 5. August 2017 besuchten wir den grossen Markt in Otavalo. Der Tiermarkt und auch der Markt mit vielen Handwerksprodukten sind riesig. Kühe, Ziegen, Schafe, Hühner und Meerschweinchen, Schuhe, Hüte, Taschen, verschiedenste Tücher und vieles mehr wird angeboten.
Quito selbst ist sehr gross und der Altstadt-Teil mit Kirchen und Gässchen lädt zum spazieren ein. Hier oder da ein Kaffee mit Kuchen oder Glace halfen uns bei der Regeneration.
Per Bus reisten wir zwei Tage später nach Puerto Lopez an die Küste Ecuadors. Die Velos und den grossteil von unserem Gepäck konnten wir im Hostal bei Sandra einlagern. Die Ankunft in Puerto Lopez am frühen Montagmorgen ermöglichte es uns, dass wir am Strand die Einfahrt der Fischerboote und den Beginn des Fischverkaufs beobachten konnten. Zuerst noch etwas verschlafen und durchgerüttelt von der Busfahrt, waren wir bald mitten im Gewusel des Fischerbetriebes.
zum Busfahren in Ecuador:
Vielfach hörten und hören wir die Frage ob das Reisen per Velo nicht gefährlich sei? Diebe, Überfälle, Strassenverkehr und arglistige Südamerikaner stellen für einheimische Touristen wie auch für mehr oder weniger Aussenstehende zuhause in Europa eine angebliche Gefahr dar. Wir hatten bisher kein Erlebnis welches uns diese Befürchtungen nur im Geringsten bestätigen konnte. Wir erleben eher das Gegenteil: Hilfsbereite, liebe Menschen und rücksichtsvolle Fahrer, insbesondere die Fahrer der riesigen Sattelschlepper.
Eine Ausnahme gibt es: die Busfahrer. Ihr Fahrstil ist nicht einzuordnen, sie verhalten sich rücksichtslos und die Fahrten im Bus waren für uns ein Horror. Da helfen auch die (schein-) heiligen Aufschriften auf den Windschutzscheiben wenig. „Dios es mi guia“ (Gott ist mein Führer) und dann „hopp de Bäse“ vor unübersichtlichen Kurven überholen, den Bus in Kurvenschräglage legen, dass jedem Physik-Verständigen schwindlig wird und Formel 1 – artige Pneus halten sowieso besser als gut profilierte. Kurz zusammengefasst: wir geniessen das Reisen auf unseren Trett-Fahrzeugen wesentlich mehr als das passive Sitzen im Bus 😉
Die Isla de la Plata wird auch Galapagos für die Armen genannt. Von Puerto Lopez aus erreicht man die Isla de la Plata mit einem kleinen Boot in ca. einer Stunde. Auf der Fahrt zur Insel sahen wir schon bald die ersten Zeichen von Buckelwalen. Zuerst Gischt-Fontänen und bald einmal auch Walrücken. Kurz vor der Insel konnten wir dann dem beeindruckenden Spiel eines jungen Wals zusehen. In einer Distanz von 50 m sprang, winkte und „spielte“ das Tier. Immer begleitet von seiner Mutter, welche aber nur den Rücken zeigte.
Die Küstenregion bei Puerto Lopez und der weiteren Umgebung dient den Walmüttern als Gebiet zum gebären und alljährlich lassen sich dort während einigen Monaten mit grosser Sicherheit Wale beobachten.
Auf der Insel des Silbers sahen wir danach den „Bluefoot Bubby“, zu Deutsch: Blaufuss Töpel und den Prachtregattvogel. Der letztere fällt auf durch den grossen Roten „Sack“ welchen die Männchen beim Balzen aufblasen.
Nach einer nächtlichen Rückfahrt im Bus nach Quito, verbrachten wir noch zwei Nächte im Hostal Revolution und füllten wieder einmal unsere Vorräte in den „Sagoschen“ und dann gings per Velo weiter in Richtung Cotopaxi.
Die Ausfahrt aus der Stadt war dank schwachem Sonntagsverkehr angenehm und wir erreichten bald Machachi im Süden Quitos. Von dort aus stiegen wir auf einer (höllischen) Pflastersteinstrasse bis auf 3500 müM. Ziemlich herunter gekämpft und durchgeschüttelt wurden wir von Leong, unserem „singapurianischen“ Begleiter in einem Restaurant erwartet. Er wollte sich den Aufstieg auf der Pflasterstrasse nicht antun und entschied sich mit einer Camionetta mitzufahren. Obwohl das Restaurant eigentlich geschlossen war, durften wir dort Essen und sogar zelten. Es war wunderbar in der Gaststube am Kaminfeuer warmen Tee zu trinken und danach etwas aufgewärmt die Zelte zu stellen. Das anschliessende Nachtessen mit Forelle auf Lavastein, passte so gar nicht zum Tag. Ein Festessen in der warmen Stube. Trotz starkem Wind erholten wir uns in der Höhe gut und konnten am nächsten Morgen mit neuen Kräften und bald auf viel besserer Strasse in Richtung Vulkan und Nationalpark Cotopaxi fahren. Die Sicht auf den wunderschönen Vulkan war Atemberaubend. Wir genossen es hoch in den Bergen zu sein.
Vom Nationalpark Cotopaxi führt eine sehr gute Strasse hinab und zurück an die Panamericana. Wir wählten für unsere Weiterfahrt dann aber nicht die Panam, sondern fuhren auf einer etwas holprigen Parallelstrasse weiter nach Latacunga. Dort verabschiedeten wir uns von Leong. Er wollte von Latacunga aus eine Wanderung antreten und danach sein marodes Fahrrad durch ein stabileres ersetzen.

Abschied in Latacunga
Sabine und ich fuhren am nächsten Tag weiter in Richtung Riobamba mit Fernziel Cuenca. Wir bemerkten einmal mehr, dass grosse Städte besser umfahren werden. Die Durchfahrt durch Ambato kostete uns einen halben Tag und war alles andere als entspannend. Dafür wurden wir auf dem weiteren Weg auf verkehrsarmen Nebenstrassen mit schönen Landschaften belohnt. Wir freuten uns auf die Aussicht auf den höchsten Vulkan und Berg in Ecuador, den Chimborazo. Der Chimborazo, kurz vor Riobamba hat eine Höhe von 6310 müM. und sein Gipfel gilt als der am weitesten, vom Erdmittelpunkt entfernte der Welt.
Eine Passstrasse führt entlang der Bahnlinie unterhalb des Riesen durch. Eine eindrückliche Fahrt auf 3600 müM. mit Blick auf den Vulkan. Auf dem Pass befindet sich die Bahnstation Urbina und daneben ein kleines Restaurant mit Übernachtungsmöglichkeiten, kleiner Ausstellung und Botanischem Garten geführt von einem Bergführer und seiner Frau. Eine traumhafte Lage mit Sicht auf den imposanten Riesen Chimbo. Die umliegende Landschaft gleicht ein wenig den Emmentaler Hügeln und auch die landwirtschaftliche Nutzung ist in etwa ähnlich: Kühe, Lamas oder Alpakas, Kartoffeln und Käsereien.
Mit eindrucksvollen Bildern gings auch bei der Abfahrt von Urbina nach Riobamba weiter. Im Rücken der eisbedeckte Riesenvulkan und vor der Nase (zum Glück mit viel Entfernung) die Rauchsäule eines aktiven kleineren Vulkans.
Nach einer eintägigen Pause im Städtchen Riobamba fuhren wir durch schöne Berg- und Tallandschaften nach Cuenca. Dort fanden wir im Hostal Yakumama eine gemütliche Unterkunft. Die viertägige Fahrt mit vielen Höhenmetern und relativ langen Tagesetappen hat uns müde gemacht und wir waren froh um Ruhezeit und viel, viel, Essen 😉
Der ehemalige Kirchberger Claudio Hollenstein hat in Cuenca vor einigen Jahren mit seiner Schwester das Hostal Yakumama aufgebaut und führt das charmante Gästehaus in mitten der Stadt. Ich staunte nicht schlecht, als wir unsere gemeinsamen Wurzeln in Kirchberg entdeckten.
In Cuenca trafen wir dann endlich Marianne und Thomas Pfister aus dem Berner Mittelland. Die beiden reisen ebenfalls mit dem Velo von Nord nach Süd und wir beobachteten seit Wochen unsere parallelen Reiserouten. Wir waren, mit nur Tagen und manchmal Stunden Unterschied, auf den gleichen Wegen unterwegs ohne uns zu begegnen.
Nach langer Pause in Cuenca machten wir uns am 27. August 2017 auf um weiter in Richtung Peru zu kommen. In vier Tagen erreichten wir Vilcabamba. Einmal mehr führte uns der Weg durch hohe Berge und schöne Landschaften. Die Panamericana zweigt kurz nach Cuenca ab in Richtung Pazifikküste. Wir wollen aber weiter in den Bergen bleiben und südwärts nach Peru reisen.
Im Hostal Izhcayluma in Vilcabamba lassen wir es uns einmal mehr gut gehen… Eine schöne, grosse Bungalowanlage, Frühyoga, Massagen, feines Essen und Ruhe, Ruhe, Ruhe.