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… weiter gehts in Kolumbien

24. Juli 2017Tinu

Am 14. Juni haben wir Kuba verlassen und sind an einem schwülen, gewittrigen Nachmittag von der Insel nach Bogota, Kolumbien geflogen. Die Reise in richtung Süden konnte weitergehen oder eigentlich erst richtig beginnen.

Nach den zwei Monaten in Kuba waren wir von der Vielfalt der Einkaufsmöglichkeiten in Bogota überwältigt. Plötzlich waren die Ladengestelle voll von allem was wir uns so gewohnt sind (von Zuhause). Bäckereien und unterschiedlichste Restaurants an jeder Ecke.

Die Stadt Bogota ist riesig. Die Einwohnerzahl liegt bei über 8 Millionen und die Stadt erstreckt sich über eine Länge von mehr als 30 km im Hochtal des östlichen Andengebirges.

Da Bogota auf ca. 2600 müM. liegt wechselte für uns auch das Klima merklich. Vom heiss-schwülen Kuba mit Temperaturen zwischen 25° und 40° C wechselten wir innerhalb von 3 Stunden in wechselhaftes Gebirgswetter. Sofort packten wir unsere Jacken aus. Endlich konnten wir sie gebrauchen, nachdem wir die warmen Kleider zwei Monate herumgefahren haben ohne sie einmal auzupacken.

Der Klimawechsel und evtl. auch anderes bescherrte uns in Bogota eine längere Pause. Wir lagen nacheinander mit Fieber im Bett. Trotzdem konnten wir die Stadt mit ihren vielen, kunstvollen Grafiti’s geniessen.

Wir besuchten fast täglich 1-2 Stunden Spanisch-Unterricht bei einer Studentin aus Bogota und nahmen an einer Führung zu Fuss und an einer Führung mit dem Velo durch die Stadt teil.

Sabine und ich waren beide froh, dass wir am 30. Juni dann endlich mit dem Velo los konnten. Die Ausfahrt aus der Stadt dauerte rund drei Stunden und bevor wir endlich auf dem Land waren, legten wir 26 km in Verkehr und Stadtchaos zurück. Danach gings sofort runter in Richtung des Tales vom Rio Magdalena. Innerhalb von zwei Tagen wechselten wir wiederum Klimazone um Klimazone und landeten im heissen Magdalenatal auf einer Höhe von ca. 500 müM.

Schon in Bogota freute uns die Freundlichkeit und die Hilfsbereitschaft der Kolumbianer. Bei der Fahrt durch die vielen kleinen Dörfer und durch die Städtchen wurden wir jeden Tag wieder von den lieben und interessierten Menschen überrascht. Sofort entwickeln sich Gespräche über unsere Reise, über das Leben der Leute und fast immer stellen sie die Frage danach wie wir Kolumbien den erleben. Wir sind entzückt wegen dem Land, der Natur und der Bevölkerung von Kolumbien.

 

Wir fuhren von Ipiales bis Pitalito durchs Magdalenatal. Der Rio Magdalena entspringt in der Region von San Augustin (im Süden des Landes) und fliesst dann nordwärts. Er ist einer der grössten Wasserlieferanten für das Land und fliesst ganz im Norden bei Barranquilla ins karibische Meer.

Der Randstreifen der Hauptstrasse Nr. 45 ist meist breit und gut zu befahren und wir fanden in den Ortschaften fast immer eine Möglichkeit zum Zelten oder eine Unterkunft in einem der preiswerten Hostel.

Die Tatacoa Wüste war eines der Highlights während der Fahrt durchs Tal. Wir kämpften uns bei brütender Hitze einen knappen Tag lang über Schotterpiste durch die trockene Gegend und wurden am Abend mit einer eindrücklichen Wüstenlandschaft „entschädigt“.

In Villavieja, einem kleinen Dorf am Rand der Wüste verbrachten wir zwei Tage in einem Hostel mit hübschem Hof und feinen Vegi-Burger. Oscar, einer der Polizisten im Dorf sprach uns mehrmals an und erklärte, dass er gerne Englisch lernen möchte und darum mit uns sprechen will. Wir hatten somit unsere erste Einladung auf einen kolumbianischen Polizeiposten. Oscar lebt hier auf dem Posten und seine Familie (zwei kleine Kinder und seine Frau) leben im ca. 160 km entfernten Pitalito. Oscar organisierte dann auch sofort eine Unterkunft für uns in Pitalito, welche wir später gerne in Anspruch nahmen.

Unsere Einstellung zur Polizei und auch zur Armee in Kolumbien hat sich ziemlich bald von leicht eingeschüchtert und unwissend zu Dankbarkeit und Wohlwollen gewandelt. In fast allen Orten sind die Polizeistationen mit dicken Mauern geschützt und Schiessscharten schauen einem entgegen. Die Polizei ist ziemlich schwer bewaffnet, mit schusssicheren Westen ausgerüstet und normalerweise nur zu zweit oder in kleinen Gruppen anzutreffen. Ebenso die Armee, welche an (wohl) strategischen Punkten Kontrollposten errichtet hat und geschützt durch Sandsack-Burgen und in voller Montur ihre Arbeit erledigt. Zustände welche erst eimal stark einschüchtern und mich auch fragen liessen ob ich denn hier am richtigen Ort sei für eine Veloreise. Die Antwort war bald einmal klar: JA!

Sowohl Polizei wie auch Armee wirken mittlerweile wohl eher vorbeugend. Die Hilfsbereitschaft und die netten Gespräche mit den Polizisten und Soldaten und auch deren aufmunternden Zurufe wenn wir vorbeiradeln, lassen uns immer etwas kräftiger treten. Trotz den sehr positiven Begegnungen lassen die Präsenz der Sicherheitskräfte und die entsprechende Infrastruktur erahnen was vor einer Hand voll Jahren in Kolumbien Realität war…

Wir reisen nach Kuba erneut in einem Land dessen Geschichte stark von erst kurz vergangenen Geschehnissen geprägt ist und ich frage mich vielfach was wohl mein kolumbianischer Gesprächspartner alles erlebt haben muss und was seine Lebensgeschichte ist.

Nach dem Besuch der Tatacoa Wüste fahren wir weiter in Richtung Süden und erreichen nach einigen Tagen Pitalito. Wir versuchen die Kollegin von Oscar, Mirian zu finden um bei ihrer Familie auf der Finca zu übernachten. In einer mittelgrossen Stadt nicht ganz einfach und nach erfolgloser Suche unseres Treffpunkts, suchen wir ein Zimmer in einem Fernfahrer-Hotel. Kaum sind unsere sieben Sachen im Zimmer verstaut, taucht Mirian mitsamt Mann und Tochter vor dem Hotel auf und lächelt uns freundlich entgegen. Wir checken wieder aus, verstauen unser Gepäck in ihrem Auto und fahren im Stockdunkeln zu ihrer Finca. Wunderschön gelegen an einer Hügelkette voll von Kaffee, finden wir ein Zimmer und die Familie von Mirian und Orlando mitsamt Schwestern, Brüdern usw. heisst uns willkommen. Gastfreundschaft welche das Herz erwärmt und typisch ist für Kolumbien. Wir geniessen den Aufenthalt auf der Finca sehr und planen nach einem Besuch von San Augustin, dann in ein paar Tagen nochmals hierher zu kommen.

Die Fahrt nach San Augustin führt uns erstmals so richtig in die Berge. Die kleine Stadt liegt auf rund 1600 müM und ist bekannt für die Ausgrabungsstätten welche vor allem Statuen zeigt welche von Ureinwohnern erstellt wurden. Die Funde gehen bis weit vor Christus Geburt zurück. Andererseits ist die Region um San Augustin und im hohen Tal des Rio Magdalena (der Fluss hat in diesen Bergen seine Quelle) bekannt für die Kaffeeplantagen und entsprechend gutem Kaffee. Wir geniessen zwei Tage in einem lauschigen Hotel welches sogar mit eigenem, feinen Brot verwöhnen kann.

In San Augustin treffen wir uns mit Leong, einem Reisenden aus Singapur. Leong haben wir bereits in Bogota im Hostel kennen gelernt und ihn wohl damals „gluschtig“ gemacht mit dem Velo zu reisen. Er hat sich dann in Cali ein Velo und die noch fehlende Ausrüstung gekauft und ist uns mit dem Bus nachgereist. Sabine und ich sind beide entsprechend gespannt wie der Velo-Reise-Anfänger zurecht kommt. Wir fahren an unserem ersten gemeinsamen Reisetag von San Augustin nach Pitalito zurück. Eine Strecke welche positiv zu Buche schlägt, da sie mehr Tiefenmeter als Höhenmeter aufweist 😉

Nach einigen Anpassungen an Leongs Velo und Tipps fürs Radeln mit Gepäck, kommen wir ein zweites Mal in Pitalito an.

In Pitalito treffen wir uns bei Orlando und Mirian’s Autoelektro-Geschäft mit Oscar, dem Polizisten aus Villavieja. Er hat uns zum Zmittag eingeladen und wir freuen uns, seine Familie kennen zu lernen. Ein Besuch bei einer sehr freundlichen und kompetenten Audiologin (ein Ohrenarzt ist am Samstag nicht verfügbar) und Sabines rechtes Ohr wird befreit von einem hässlichen schwarzen Pilz, sie hört wieder ohne Einschränkung und erhält sogar noch die passende Salbe. Auch das ist Kolumbien.

Am Abend fahren wir auf die Finca von Mirian und Orlando und verbringen unsere zweite Nacht dort.

Nach einem feinen Morgenessen verabschieden wir uns mit einem weinenden und einem lachenden Auge. Gerne wären wir noch etwas auf der Finca geblieben und gleichwohl zieht es uns weiter in Richtung Mocoa.

Unsere Route wird hügliger, die Höhenmeterzahl steigt und die angenehm kühlen Temperaturen entsprechen uns immer mehr.

In Mocoa füllen wir unsere Essensvorräte auf, ergänzen unsere Veloausrüstung und übernachten mehr durch Zufall bei William, einem Coachsurfing-Mitglied. Er ist US-Amerikaner und unterrichtet in Mocoa Englisch.

Danach gehts am Montag, 17. Juli 2017 weiter in Richtung der rauhen Anden. Wir wollen die westliche Andenkette erklettern um dann von Pasto auf der Panamericana die Grenze zu Ecuador zu erreichen. Der erste Teil der Strecke zwischen Mocoa und Pasto ist berüchtigt für deren Strassenzustand und die Erdrutsche welche die Strasse zeitweise unbefahrbar machen. Zudem fällt in dieser Region wo die beiden Andenketten zusammenlaufen verhältnismässig viel Regen. Wir freuen uns auf die Berge und aufs bezwingen des “ El Trampolin de la Muerte“.

Die Gefahr für uns stellt aber weder das raue Klima noch das „Sprungbrett in den Tod“ dar. Für Sabine wird viel mehr ein Huhn gefährlich, welches bei der Stadtausfahrt unvermittelt vor ihr Vorderrad rennt. Glücklicherweise hat der Sturz für Sabine keine gravierenden Folgen und auch ihr Material bleibt heil. Das Huhn lässt viele Federn und rennt davon…

In La Tebaida zeigen uns Leute aus dem Dorf einen gedeckten Platz beim Schulhaus wo wir übernachten können und am zweiten Tag beginnt der richtige Aufstieg in die Berge. Die schmale Schotterstrasse ist fahrbar, jedoch müssen wir die Höhenmeter schwer verdienen. Der meist leichte Regen begleitetet uns den ganzen Tag. Leong kämpft wie ein Löwe, ist sich jedoch das aufwärtsfahren nicht gewohnt. Er legt viele Pausen ein und läuft streckenweise. So fahren Sabine und ich unser Tempo und wir treffen uns in längeren Pausen wieder. Gegen Abend erreichen wir den Ort El Mirador wo eine Polizeistation und ein kleines Restaurant stehen. Der Polizeikommandant zeigt uns ein altes, unbenutztes Haus welches wohl früher von einer Telekommunikationsfirma benutzt wurde. Die zwei Räume eignen sich tiptop zum Übernachten und nach ein paar Mal Besen schwingen, richten wir unser Lager ein.

Am nächsten Tag gehts im Regen weiter und wir legen wiederum etliche Höhenmeter zurück und steigen bis auf 2800 müM. auf. Leong nimmt kurz vor Mittag den Bus und fährt uns voraus in Richtung Sibundoy. Sabine und ich erreichen Sibundoy kurz vor dem Einnachten und sind schlussendlich froh, dass wir bei einer Familie in ihrem einfachen Haus auf dem Holzboden übernachten dürfen und vor allem unsere nassen Kleider trocknen können. Auch hier wiederum grosse Gastfreundschaft und wir dürfen sogar noch einen Ruhetag und eine Nacht lang bleiben.

Von Sibundoy fahren wir in zwei Tagesetappen nach Pasto. In Pasto legen wir zwei Tage Pause ein, lassen unsere Kleider waschen, trocknen Zelt und vieles anderes und laden unsere Energiespeicher mit viel Reis und Süssigkeiten.

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