Weiter gehts nach Westen
Nach Disneyland…eh Trinidad entschliessen wir uns der Küste entlang weiterzufahren um in Cienfuegos einen Zwischenhalt einzulegen. Unterwegs besuchen wir während eines Tagesausflugs noch den Naturpark El Nicho.
Endlich ein Bach welcher eine Wassertemperatur hat die erfrischend ist und nicht davon abschreckt mehr als den grossen Zeh ins Wasser zu halten. Wir geniessen das Bad nach dem heissen Aufstieg in die Berge.
In Cienfuegos einer der grösseren Städte Kubas, fühlen wir uns nur mässig wohl. Oberflächlich ist viel auf Massentourismus ausgelegt. Die „Casa Particular“ ziemlich professionell geführt und die diversen Bars richten ihr Angebot an Touristen aus Nordamerika und Europa. Auch hier sind aber die massiven sozialen Unterschiede offensichtlich. Das staatliche Einkommen eines Kubaners beträgt ca. 15 – 30 CUC (1 CUC = 1 sFr) pro Monat. Ein Besitzer eines „Casa Particular“ dagegen streicht pro Übernachtung wohl (unterschiedliche Angaben) 10 – 15 CUC in seine Kasse. Meist tut er nicht viel dafür, dass Kunden kommen. Auf der Terrasse sitzend pfeift er vorbeifahrenden Velofahrern nach 😉 und zeigt ihnen seine Unterkunft. Das läuft immer nach dem gleichen Schema ab: Zimmer anschauen, die Besitzer weisen darauf hin, dass eine Klimaanlage vorhanden ist und heiss geduscht werden kann, dann die Frage nach dem Preis, meist ist dieser zu hoch angesetzt, wir versuchen einen tieferen Preis, manchmal geht das ohne Probleme und manchmal müssen wir unseren Hinteren wieder aufs Velo schwingen bevor der tiefere Preis wirklich akzeptiert wird.
Falls uns die Unterkunft einmal nicht gefällt weil wir vielleicht lieber ein Fenster im Schlafzimmer hätten als eine lärmende Klimaanlage und wir dem Besitzer eine Absage erteilen, so sind diese meist sehr beleidigt. Sie versuchen den Preis nochmals zu senken und verstehen nicht, dass für uns in diesem Fall der Preis gar nicht ausschlaggebend ist.
In Cienfuegos steht das einzige Atomkraftwerk der Insel. Glücklicherweise wurde es jedoch nie in Betrieb genommen. Ansonsten gefällts uns in der Nähe der Küste und wir halten uns weiter südlich auf Kuba. Wir werden belohnt mit einer schönen, wenig befahrenen Strasse durch Reisanbaugebiete und durch Sumpfwälder.
In Playa Giron suchen wir uns ein gemütliches Casa und gehen am Kokosstrand baden. Das Meerwasser hat wohl eine Temperatur zwischen 25 und 30°C. Eine Erfrischung ist das nicht, aber schööön!
Playa Giron liegt am Eingang der Schweinebucht, wo Exilkubaner nach der Revolution im Auftrag der USA im April 1961 eine Invasion versuchten um das kommunistische System zu stürzen. Die Invasion scheiterte. Ein Museum im Ort zeigt auf heroische Art und Weise den Hergang und den Sieg der kommunistischen Kubaner. Wir fragen uns beim Besuch des Museums wie wohl die andere Seite über dieses Geschehnisse informieren würde? Beim Betrachten der kubanischen Ausrüstung und der Beschreibungen kommt uns das ganze etwas vor wie „Räuber und Polizei“.
In den kommenden Wochen lesen und hören wir immer wieder Geschichten, Meinungen von Kubanern und sehen Schauplätze und vor allem das hier und jetzt von Kuba. Ein Kuba welches auf einem System aufbaut, welches vielen kommunistischen Idealen trotzt. Es schmerzt die Mehrklassen-Gesellschaft zu sehen und dabei die Gleichgültigkeit zu erleben.
In der Nähe von Playa Larga, einem Küstenort nahe der Zapata Halbinsel, besuchen wir mit einem Führer einen nahegelegenen Teil eines Naturparks. Marco zeigt uns jede Menge Vögel im Park und wir geniessen es die Tiere von Nahe sehen zu können.
Auf der Autobahn gehts weiter in Richtung Habana. Die Fahrt wird jedoch bald einmal zu heiss auf dem glühenden Asphaltband und wir entschliessen uns spontan Habana südlich zu passieren und zuerst die Orte Soroa und Vinales zu besuchen.
Ein guter Entscheid. Dieser Weg führt uns durch landwirtschaftliches Gebiete ohne Touristen-Berührung. Wir fragen uns, weshalb in den Orten in einer Distanz von 50 km zu Habana keine Casa Particular zu finden sind. Dies führt dann auch dazu, dass wir wieder einmal im Zelt übernachten. Ohne Übernachtungsmöglichkeit fragen wir nach über 100 km Fahrt bei einem Paar abseits von den nächsten Orten ob wir bei ihnen im Garten unser Zelt aufstellen dürfen, was kein Problem ist. Im Gegenteil. Sabine darf die Dusche benutzen. Diese besteht aus einem Kessel Wasser und einem Becher (ich benutze meinen Wasserbidon im Garten) und wir erhalten eine anderthalb Liter Flasche mit Joghurt und am Morgen Kaffee und Guaven – und sie existiert also doch die wahre Gastfreundschaft auf Kuba! Wir geniessen die Nacht auf und in unseren eigenen Sachen sehr und auch die Mückenplage ist für einmal zu ertragen. Das Gefühl als Gast ohne feilschen und ohne künstliche Freundlichkeit aufgenommen zu werden tut gut.
Die Strassen sind hier eher in schlechtem Zustand und es hat jede Menge kleinere Lastwagen welche die Leute auf die Felder bringen. Wir entdecken auch bald wo die Landarbeiter wohnen. Plattenbauten welche allmählich zerfallen, stehen mitten in den Feldern. Auch eine Art der Kontrolle. Wo kein Weg für Austausch mit Aussen, findet auch keiner statt.

dort wohnen Landarbeiter
Aus Mangel an Unterkünften legen wir wiederum eine Monstertour zurück und ruhen dann dafür im kleinen Ort Soroa aus. Eigentlich besteht Soroa mehr oder weniger aus einer beginnenden Bergstrasse an welcher hier und da Häuser stehen. Darunter auch jede Menge „Casa Particular“. Die Region ist vor allem wegen ihrer Naturschauplätze und dem Biosphärenreservat Las Terrazas bekannt. Wir geniessen die Ruhe und besuchen einen eindrücklichen Orchideen-Garten und die Siedlung Las Terrazas.
Pinar del Rio nutzen wir nur als Übernachtungsmöglichkeit und am nächsten Tag gehts über kleine Hügel nach Viñales. Viñales gefällt uns gut. Der Ort befindet sich in einem Tal im Gebiet Sierra de los Órganos („Orgelpfeifengebirge“) und rund herum stehen Mogoten.
Das Gestein des Gebietes, in dem das Tal liegt, gehört zum geologisch ältesten Teil Kubas. Es entstand vor rund 170 Mio. Jahren. Durch Kalklösung entstanden die Kalkfelsen, denen die Region ihre Faszination verdankt, man spricht von Verkarstung. Unterirdische Fließgewässer gruben sich in weichere, innerhalb des harten Kalkgesteins lagernde Zwischenschichten; in Abhängigkeit von bestimmten karsthydrologischen und geologischen Bedingungen bildeten sich so zahlreiche kleinere und größere Höhlensysteme. Durch Einsturz der Höhlendecken und weitere Erosion entstand der heute sichtbare, charakteristische Kegelkarst (Kegelfelsen), die Mogotes (Mogoten). Diese erreichen einen Höhenunterschied von bis zu 400 m. (Quelle: wikipedia)
Wir finden bei Myrta, einer älteren Frau, eine schöne und ruhige Unterkunft und geniessen einfach die Ruhe und das Sein.
Ein paar Ausflüge gibts natürlich auch und einen Flug buchen für unsere Reisefortsetzung steht an.
Die Fahrt geht für uns auch nach Vinales malerisch weiter. Durch leichte Hügel in Richtung Nordwest-Küste von Kuba. Die Freundlichkeit und positive Art der Leute hier zaubert mehrmals ein Lächeln auf unsere Gesichter. Wir befinden uns in einem besonderen Ecken von Kuba. Liegt dies daran, dass das kommunistische System notgedrungen, nach versuchter Vereinheitlichung, die Tabakbauern und Tabakarbeiter mit verhältnismässig viel Freiheiten arbeiten lässt? Fidel Castro versuchte nach der Revolution auch die Tabakindustrie zu vereinheitlichen und hatte das banausenhafte Ziel einer Einheitszigarre. Dass damit jegliche Zigarrenexporte ins Bodenlose sanken, die vorhandene Qualität verloren ging und Tabak im Gegensatz zu Zuckerrohr nicht von demotivierten Macheten-Schwingern geerntet werden kann, hat ihn zu einer Umkehr gezwungen. Die Tabakproduktion ist deshalb zu grossen Teilen in privaten Bauernhänden. Die Kultur und das Wissen zur Tabakpflanzung und -Ernte bis hin zur Zigarrenproduktion sind der Stolz der entsprechenden Bauern und Arbeiter.
Die Hauptstadt ist bald erreicht. Zwei Tage nach unserer Abfahrt in Viñales führt uns eine Autostrasse zur Stadt, geht über in eine zweispurige, perfekte Vorortsstrasse und führt uns mit wiederum wenig Verkehr fast ins Zentrum von Habana.
Wir steuern direkt in die Altstadt und wollen zum Restaurant Van Van. Ich habe von meinem Arbeitskollegen Rolf den Tipp erhalten, dass dort gut zu Essen sei. Sein ehemaliger Radsportkollege führt dieses Restaurant. Wir erhoffen uns zuerst einmal einen Tipp für eine gemütliche Unterkunft wo wir uns für die letzten Tage auf Kuba einquartieren und dann auch unserer sieben Sachen flugtauglich machen können.
Wir treffen Fabian Fuchs bereits auf der Strasse vor dem Restaurant an und kommen als Landsleute sofort ins Gespräch. Schlussendlich kriegen wir von ihm das Angebot, bei ihm und seiner Familie zu wohnen. Er vermietet ebenfalls ein Zimmer. Gerne willigen wir ein und folgen ihm per Velo zu seinem Zuhause. Später und nach einem Monstertag leicht ausgehungert, geniessen wir dann auch noch unser erstes „Znacht“ im Restaurant Van Van.
Wir genossen die Zeit mit Anschluss an die Familie von Fabian und es war sehr spannend die Sichten und Erfahrungen eines Schweizers zur Arbeit in Kuba und mit Kubanern zu hören.
Habana war für uns auch die Stadt des Wiedersehens. Nachdem wir bei unserer Inselrundfahrt zweimal Laeti und Denis aus Genf getroffen haben und im Südosten auch eine Nacht zusammen im gleichen Casa verbrachten, trafen wir die beiden in Habana per Zufall ein drittes Mal. Und als wenn das nicht genug gewesen wäre, lief uns wenig später, während dem wir schon amüsiert unsere Erlebnisse austauschten, auch noch Vince aus Montana über den Weg. Sowohl Laeti und Denis wie auch wir trafen ihn auf der Insel einmal an. Der Ärmste wollte eigentlich schon auf dem Rückflug sein. Weil er aber am Flughafen sein Gepäck-Übergewicht nicht bezahlen konnte, war er bald auch aktiv mit dabei über die Eigenheiten der Kubaner zu „philosophieren“. Wir verbrachten einen gemütlichen Abend zusammen und haben es sehr genossen mit gleichgesinnten alles etwas aus Distanz zu betrachten, zu belächeln, und zu bewundern.
Die verflixte Sache mit den Rädern
Und da waren noch unsere Ersatzräder. Was wie Geschwüre am Gepäck unserer Velos aussah und was wir täglich immer etwas wiederwilliger oben drauf packten, waren nicht etwa Ersatzräder. Im Auftrag von Claude Marthaler haben wir einen Radsatz mit nach Kuba gebracht und diesen dann auch persönlich bei Felix mit dem Hochrad abgeliefert.
Dies und weitere Erlebnisse schreiben wir dann in den nächsten Beiträgen…