Kuba amüsiert, Kuba überrascht, Kuba macht verrückt.
Der erste Satz im Kuba-Reisebuch begleitet unsere Fahrt über die Insel: „Dieses Land überrascht einem immer wieder. Es passieren seltsame Dinge. Man muss fest im Guten stehen, um nicht den Kopf zu verlieren.“ (Miguel Barnet)
Am Flughafen verfliegen alle Sorgen über Ausreiseticket, Esswaren im Gepäck, einführen von Bargeld u.s.w. Welcome to Cuba! Mit dem Zusammenbauen der Velos lassen wir uns Zeit. Zuerst wollen wir ankommen und uns ausruhen. Bereits in der ersten Dulceria werden wir übers Ohr gehauen. Die Kuchen sind mit 2 Pesos/Stk angeschrieben. Sind dies nun die einheimischen Pesos oder die Touristen Pesos (CUC)? Da wir nur CUC besitzen, können wir nicht anders als mit 10 CUC bezahlen. Der nette, ältere Bäcker gibt uns 6 CUC zurück. OK, dann waren es wohl CUC. Wir schlendern durch die Strassen Holguins und merken bald, die Kuchen können nie und nimmer 4 CUC gekostet haben. Tinu will es gut sein lassen, ich nicht. Zurück in der Dulceria erkläre ich mit Händen und Füssen, dass ich die 4 CUC zurück will. Er versteht mich nicht. Dann beginne ich die anderen Kunden anzusprechen, niemand kann Englisch. Ich bleibe im Laden, langsam wird es dem Besitzer peinlich. Nach ca.15 min. erhalte ich das Geld zurück und bezahle ihm was ihm zusteht, nämlich 0.16 CUC (= 0.16 CHF). Neben ehrlichen Verkäufern, versuchen ganz gefitzte immer wieder von uns den „Touristen-Preis“ zu verlangen.

„disfrutar“ in Holguin
Bevor wir mit Rückenwind durch das Land flitzen, fahren wir in Richtung Norden nach Gibara. Das sind ungefähr 35km. Wir fühlen uns wie nach einem 100 km Tag auf schlechter Strasse. Diese Hitze! In Gibara ist gerade Filmfestival. Dies wäre eine gute „Ausrede“ um einen ersten Ruhetag einzulegen ;-). Da wegen dem Filmfestival anscheinend alle Unterkünfte besetzt sind, lassen wir uns zu einem Casa Particular zuoberst in der Stadt führen. Schöne Aussicht und die Besitzer geben sich richtig Mühe. Gastfreundschaft gegen Bezahlung. Nach der erlebten Gastfreundschaft in der Türkei und im Iran löst dies bei mir gemischte Gefühle aus. Wir schlendern durchs Dorf und erleben zum ersten Mal wie die Kubaner Feste feiern. Für Pesos können wir günstig alles mögliche frittierte essen. Frittierte Polenta Bällchen, frittierte Bananen Chips, frittierte Süsskartoffel Chips. Neben Frittiertem ernähren sich die Kubaner auch von Schweinefleisch und –fett, Reis mit schwarzen Bohnen (Congris) und Zuckersüssem. Man sieht es ihnen an. Die Fettleibigkeit und Probleme mit dem Insulin und dem Cholesterin haben in den letzten zwanzig Jahren stark zugenommen. Die grossen Errungenschaften der Revolution sind: Bildung, Gesundheitswesen und Sicherheit, die Nachteile: Das Morgen-, Mittag- und das Abendessen. Wenn man aber hört, wie es wirklich in den Spitälern zu und her geht, ist auch das viel gelobte Gesundheitswesen zu hinterfragen.

frittierte Maisbällchen

auch das Dessert ist frittiert
In Guardalavaca werfen wir im Vorbeifahren einen Blick in die All-Inklusive Hotel Anlage mit wunderbarem Badestrand. Wir fühlen uns wie in einem Zoo und suchen das Weite.

Wir haben uns in die Hotelanlagen in Guardalavaca geschlichen
Im unscheinbaren Ort Banes sind wir am Abend die einzigen Touristen. Samstags wird gefeiert. Essensstände säumen die Strassen und Musik ertönt aus jeder Ecke. Die bekannte Band aus Havanna wird ca. um 21:00 Uhr auftreten oder zwei bis drei Stunden später. Um 23:00 Uhr sind wir einfach zu müde um noch weiter zu warten. Wir haben bereits einige km in den Beinen und hören die Musik später im Bett im Casa Particular.

Spielplatz in Banes
Nun zieht es uns in die Berge. Das Ziel ist der Nationalpark „Loma de la Mensura“ 800 m Aufstieg fast ohne Kurven. In manchen Aufstiegen müssen wir ein Fahrrad zu zweit schieben. Der Puls ist hoch, die Hitze erleichtert uns die Sache nicht. Oben besuchen wir den höchsten Wasserfall des Landes (127m), ein Guide zeigt uns auch ein paar spezielle Pflanzen und Vögel.

Aufstieg zum Loma de la Mensura
Am Abend finden wir kurz nach dem Gipfel unseren ersten Biwakplatz in Kuba. Wunderschön ruhig im Pinienwald. Ruhig, wenn man die Geräusche der Grillen, Heuschrecken, Vögel, Frösche und Zikaden als Seelenbalsam empfindet.

Fachgesprächa im Naturpark de la Mensura

Abfahrt vom Loma de la Mensura
Die Abfahrt ist ruppig und unten im Flachen wollen wir die Hauptstrasse umfahren und finden auf mühsamen Wegen nach Chile. Für uns kein Ort zum Verweilen. Die Leute beobachten uns aber niemand spricht uns an. Ist dies nun der wilde Osten Kubas, der Oriente? Viele Gutsherren sind mit ihren Sklaven während dem Sklavenaufstand in Haiti in den Osten Kubas geflüchtet. So ist der Osten französisch geprägt. Auch ist der Osten generell ärmer und es mangelt an Vielem. Bereits in Holguin haben wir bemerkt, dass die Läden nur voll aussehen. In Wirklichkeit sind die wenigen Produkte die verkauft werden einfach grosszügig im Laden verteilt. So haben wir uns Anfangs auch sorgen gemacht, was wir den in Kuba essen sollen! Mit der Zeit haben wir aber Brot gefunden, Früchte, Gemüse, Reis und irgendwann sogar Eier! Mit fragen kommt man immer weiter! In Santiago de Cuba hat uns die Fülle an Lebensmittel sehr beeindruckt, obwohl das Angebot verglichen mit anderen Ländern immer noch erbärmlich ist. Erfreut haben wir uns aber vor allem am Eis-Garten (Jardin de Helados). Ein Coup mit Kuchen für 2 Personen ca. 0.40 CUC (=CHF). Diese Freude wurde uns dann in touristischen Orten wie Trinidad wieder genommen, europäische Preise sind an der Tagesordnung. Die Touristen müssen Devisen ins Land bringen, dieses Geld fliesst zum grossen Teil in die Staatskasse. So auch ein grosser Teil vom Geld welches wir für die Casa Particular bezahlen. Dort wird immer gleich der Pass verlangt, damit wir registriert werden können. Die Casa Besitzer müssen die Registrierung am nächsten Tag gleich amtlich melden, so wird ihnen dann auch einen Teil der „Miete“ zurückgefordert. Wieviel dies ist, haben wir noch nicht herausgefunden. Wenn die Casa Besitzer darüber reden, erzählen sie uns immer etwas anderes. Für eine Nacht bezahlt man um die 25 CUC (pro Zimmer). Wir sind aber schon ziemlich gut im Preis drücken und erhalten dann oft das Frühstück inklusive oder bezahlen nur 20 CUC. Anscheinend schreiben sie aber nicht immer diesen Betrag in die Registrierung, so müssen sie dem Staat weniger abgeben. Ein Arzt, welcher vom Staat bezahlt wird, verdient im Monat 25 CUC. Ein Arbeiter um die 15 CUC. So finden wir die Preise für die Casas einfach zu hoch und haben keine Hemmungen beim „märten“. Wir haben auch schon gehört, dass fast nur die Kubaner ein Casa Particular eröffnen können, welche Verwandte in den USA haben und von ihnen monatlich Geld erhalten.

Ankunft in Santiago de Cuba

im Zentrum von Santiago de Cuba – Parque Céspedes

selbst gekochtes Congris

in der Coppelia
Die Küstenstrasse nach Santiago ist im Reisebuch als „schlecht und gefährlich“ beschrieben. Die Strasse ist in einem viel besseren Zustand als beschrieben, fast Auto-frei und der ersehnte Ostwind bläst nun in Fahrtrichtung. Mit dem Fahrrad einfach ein Traum. Tagelang fahren wir in einem Schwarm aus weissen Schmetterlingen der Küste entlang. Der 1. Mai wird in jedem Dorf gross gefeiert, mit dem üblichen Essensangebot. Das Bier wird in grosse Petflaschen oder Töpfe abgefüllt, diese machen dann die Runde. Auch wir kommen in den Genuss vom guten Bier aus Santiago de Cuba.
Im Städtchen Pilon fühlen wir uns so willkommen, dass wir uns einen Tag ausruhen. Die Leute sind fröhlich und sehr freundlich. Kuba hat viele Gesichter.
Später starten wir einen zweiten Versuch mit biwakieren. Oft ist es schwierig einen Platz zu finden, da alles eingezäunt ist (Kaktushecken). Wir können uns aber hinter einem Wald auf einer Weide verstecken, leider finden uns aber beim Einbruch der Dämmerung gefühlte 1’000 Mücken. Später hören wir, der Mai sei der Monat der Mücken und Parasiten. OK, ich habe auf jeden Fall in den nächsten Tagen die Lust auf das Zelten verloren. Der Mai ist aber auch der Monat der Mangos, der Fohlen, Kücken, Zicklein und der blühenden Bäume!
Das Treiben in den kleinen Ortschaften gefällt uns. Kleine Feste am Samstag- und Sonntagabend mit Live Musik, Früchte und Gemüsehändler, kleine private Kioske, anstehen bei der Eisdiele und die Kubaner in den Stadtpärken am Surfen. Mit einer Karte kann man für 1.50 CUC eine Stunde das öffentliche W-Lan benutzen. So hat das Internet auch einen sozialen Effekt und die Stadtpärke werden rege genutzt.

Ess-Stand während des Carnevals in Ciego de Avila
Der Rückenwind treibt uns Richtung Westen. Camagüey ist für uns schon sehr touristisch und der Lebensstandart der Kubaner höher als im Osten. In Sancti Spiritus verzaubern uns sehr freundliche Kubaner/innen und in Trinidad trifft uns der Touristen-Schock! Alles nur inszeniert. Für uns nicht das wahre Kuba. Mit dieser Aussage beleidige ich eine Reisende aus den USA. Sie hat wohl nur Havanna, Varadero und Trinidad gesehen. Nach den Erlebnissen und Erzählungen von anderen Touristen, graut uns etwas vor Havanna. Wir machen den Aufenthalt wohl so kurz wie möglich.

Tienda (Lebensmittelladen) in Sancti Spiritus

Musiker in Trinidads Strassen…

… und Fenstern

Aussicht aufs Valle de los ingenios (Tal der Zuckermühlen)
Tinu nervt sich ab den vielen kläffenden Hunden. Ich finde die kubanischen Hunde einfach Super, sie lassen die Fahrradfahrer einfach links liegen.