Wir sind einen knappen Monat in Kuba, unsere Touristenkarte läuft aus und die Verlängerung um weitere dreissig Tag ist wohl oder übel notwendig. Da wir uns in der Provinzhauptstadt Camagüey ausruhen, drängt sich der Gang zum entsprechenden Büro auf. Wir haben heute zwei Tagesziele: Casa particular zügeln, leider ist das schöne in welchem wir die letzten beiden Nächte verbrachten ab heute ausgebucht und als zweites nehmen wir uns vor das Visum zu verlängern. Die Zügelkiste ist einfach. Packtaschen packen, ans Velo hängen, mit dem Besitzer des „neuen“ Casa particular um drei Strassenecken schieben, Packtaschen aufs Zimmer tragen, Velo in ihrem Wohnzimmer abstellen und fertig ist. Das Paar im neuen Casa ist sympathisch und das Zimmer auch ok. Wir haben eine riesige Terrasse vor unserer Zimmertür.

Unsere Terrasse in Camagüey
Wir fragen nach dem oficina de imigracion. Das gibts hier so nicht. Wir sollen im oficina de tramista vorbeigehen, vorher aber auf der Bank die nötigen Marken im Wert von 50 CUC kaufen gehen.
Wir wagen uns ans Abenteuer ran. Zur Bank ists ein Katzensprung. Wir wählen zuerst den falschen Eingang. Der Portier erklärt uns freundlich, dass wir die Marken im Gebäude quer über den Platz finden. Man stelle sich die Kommunikation so vor (übersetzt): ich: „ich brauche ding für kaufen neue touristenkarte“, er: „Ah, Marken für die Visa-Verlängerung? Die gibts in der Bank dort drüben“. wir: „Muchas gracias“
In der anderen Bank, also der gleichen Bank aber im anderen Gebäude siehts aus wie am Morgen um neun in der SBB-Schalterhalle im Bahnhof Bern. Sitzplätze besetzt, Schalter besetzt, Aussicht auf eine rasche Bedienung: schlecht.
Der Portier hilft auch hier. Er schickt uns ein Ticket zu holen. Hier funktioniert das so, dass wir bei einer Dame in Uniform unser Anliegen schildern (indem ich ihr den Pass und die alte Touristenkarte zeige und mit wenigen Worten versuche mein Anliegen zu formulieren. Sie drückt etwas auf ihrem Computer rum und ein kleiner Drucker druckt uns ein Ticket in der Grösse eines Kassenbons aus. Der Drucker erinnert mich ein wenig an meine Zeit im 300m-Schiessstand. Surren, klickern, langsam kommt der Ausdruck raus und wird abgerissen. Nummer 189. Und wie weiter jetzt. Wir wenden uns an den freundliche Portier und der zeigt uns den Bildschirm in der Mitte der Halle. Dort kommt dann die Nummer…..aha, also wirklich wie im Bahnhof Bern. Wir stellen uns auf ein bis zwei Stunden warten ein. Nach drei Minuten leuchtet aber schon unsere Nummer auf. Caja 2. Wir begeben uns dort hin. Nochmals das gleiche ….. „jo quiero comprar una nueva tarjeta tourista“. Die Frau am Schalter sagt etwas von „nur eine Person“…. Sie meint, dass am Schalter nur ein Kunde stehen darf. Sabine begreifts eher als ich und drückt mir 50 CUC in die Finger. Jetzt gehts. Ich erhalte aus einem Markenbüchlein zwei 20er Marken und zwei 5er Marken. Ich werde anscheinend noch irgendwie erfasst im System und dann kanns schon weiter gehen. Wir verlassen die Bank und suchen mittels Karte im Kuba-Buch die oficina de tramista. Ein paar Strassen weiter finden wir ein Büro. Oficina provincial heisst es. Drin hats Leute wie im gut besetzten Kino. Die Bestuhlung ist ähnlich. Wir denken, dass es nicht hier ist. Gehen weiter auf der Strasse. Fragen nach der Möglichkeit zur Erneuerung der „tarjeta“. Ein Mann will uns den weg mit seinem Elektrotöffli zeigen. Bringt uns ein paar Hausecken weiter. Das sieht nicht nach offiziellem Büro aus. Hier werden aber Telefonkarten verkauft. Wir schildern nochmals unser Anliegen. Diesmal mit Hilfe der Touristenkarte. Ein anderer Mann welcher aus seinem Hauseingang herauslugt, erklärt uns, dass wir die ein paar Ecken zurück erhalten, natürlich dort wo wir schon waren. Zurück bei der oficina provincial (nicht ohne eine kleine finanzielle Aufmerksamkeit für den aufdringlichen, oder hilfsbereiten(?) und erfolglosen Töffli-Helfer) fragen wir mit Hilfe der Karte und der Portier dort weist uns den Weg über die Strasse. Zum Glück! Vielleicht hats ja dort weniger wartende Leute. Dieser Wunsch geht nur halb in Erfüllung. Ein kleineres Büro aber auch hier Theaterbestuhlung und alle Plätze besetzt. Und zwischendurch wird jemand der wartenden mit seinem Namen aufgerufen. Wir stellen uns auf einen langen Tag im Visa-Büro ein und hoffen insgeheim, dass wir am Abend die Touristenkarten verlängert haben.
Wir warten ein paar Minuten und beobachten. Eine uniformierte mit langen farbigen Fingernägel, goldenen Ohrringen, etwas aufgedunsenem Gesicht und nicht allzu viel erkennbarer Motivation notiert irgendwelche Angaben von einem (wohl) kubanischen Kunden auf ein Formular. Umständlich klebt sie ein paar Wertmarken auf einen Ausweis der aussieht wie aus dem „Krämerlilade“ von früher. Leim aus einem Plastikdösli streicht sie mit dem Daumen auf die Marken und klebt diese ein. Zwischendurch klaubt sie wieder Leim von den Fingern. Etwas wird im Computer eingetippt. Der nächste Kunde ist dran.
Dann wir, mit allem Mut: eine weiteres Mal. Wo…..ihr wisst schon (Wir haben bemerkt, dass wir auf fasst alle unsere Fragen eine Antwort erhalten. Kubaner bedienen aber vor allem diejenigen welche sich Gehör verschaffen). Wir werden in den Innenhof verwiesen. Von dort hats ein paar Büroeingänge welche offen stehen. Im ersten nehmen eine Handvoll Uniformierte „Znüni“ und albern vor sich hin. Wir wagen einen Blick ins nächste Büro und fragen nach der „tarjeta“. Und siehe da: „siete“ (oder ähnlich) „setzt euch hin“. Wir erhalten je einen Fragebogen und einen Kugelschreiber. Die Uniformierte im Büro kreuzt an was wir ausfüllen müssen und schickt uns in den Hof um dies zu erledigen.
Nach 10 Minuten ist das getan und wir gehen erwartungsvoll zurück ins Büro. Pass und Krankenkassenbestätigung werden verlangt. Upps, hoffentlich haben wir die auch dabei. Zum Glück, alles im Plastiksäckli beim Pass im Bauchtäschli. Sie begutachtet die Krankenkassenbestätigung lange und kommte wohl zum Schluss, dass alles in Ordnung ist. Unsere „alten“ Touristenkarten werden rückseitig mit einem Kleber und neuem Ablaufdatum versehen und das Ganze ist erledigt. Halt! Die Wertmarken müssen noch auf die Fragebogen. Aus einem Plastikdösli streicht die Dame mit einem alten Filzstift Leim auf die Marken und klebt diese genau auf die Formulare.

Die Touristenkarte: Nur in Blockschrift, keine Korrekturen, nicht zerreissen und und und. So stehts im Reiseführer und wird am Schalter in Europa drauf hingewiesen
Das wars. Adios, Buenos…. und wir verlassen glücklich das Büro. In der Theaterhalle ist immer noch jeder Stuhl besetzt. Es ist erstaunlich mit welcher Gelassenheit die Kubaner warten. Keine Miene wird verzogen, kein Motzen, alles scheint so sein zu müssen. Im Amtsbüro, in der Bank, im Einkaufsladen, vor dem Kleidergeschäft….
Wir schauen auf unsere Uhren. Ein Uhr am Nachmittag, gezügelt und Touristenkarte verlängert, wir gönnen uns eine Glace im kubanischen Glacehaus……. übrigens: auch für Glace steht man in Kuba an….

H&M auf kubanisch